Schock für Jogi Löw: Der Bundestrainer muss im Halbfinale auf Lukas Podolski
verzichten. Die UEFA wertete eine Handgreiflichkeit des Müncheners nach dem
Spiel gegen Portugal als Tätlichkeit und sperrte ihn für eine Partie.
Berlin (dpa) - Mit der Bestrafung des 23-Jährigen wurde erstmals bei einer EM ein
Spieler auf Grund des Video-Beweises gesperrt. Podolski, der auch 5000
Schweizer Franken Strafe zahlen muss, spielt zudem ein halbes Jahr auf
Bewährung und müsste bei einer weiteren Verfehlung erneut einmal aussetzen.
Für das Finale wäre der Offensivspieler aber wieder einsetzbar. Die
UEFA-Entscheidung ist rechtskräftig und nicht anfechtbar.
Kapitän Michael Ballack äußerte wenig Verständnis für die Vorgehensweise
der UEFA, die "eine abgeschlossene Sache noch einmal auf den Tisch bringt."
Die UEFA-Kommission entschied aufgrund der Fernsehbilder, die der
italienische Pay-TV-Sender Sky gestern erstmals ausstrahlte, dass Podolski
nach dem Viertelfinal-Spiel eine Tätlichkeit begangen haben soll.
Podolskis Part im linken Mittelfeld gegen die Türkei am
Mittwoch (20:45 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) wird somit aller
Voraussicht nach Tim Borowski übernehmen. "Die Mannschaft wird jetzt Flügel bekommen,
dass Lukas Podolski zu seinem Endspiel kommt. Es wird ein großer Ansporn
sein für Trainer und Mannschaft", sagte der Geschäftsführende DFB-Chef Theo
Zwanziger.
Podolski hatte die Vorwürfe vehement zurückgewiesen: "Ich habe nichts
schlimmes gemacht", sagte er im Gespräch mit der "Bild-Zeitung". "Ich habe
mich in einem Pulk befunden, in dem sich alle wild gefreut haben."
Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff war von der Entscheidung der
UEFA enttäuscht. "Wir waren der Meinung, dass wir eine schlüssige Begründung für
einen Freispruch vorgelegt haben", sagte Bierhoff: "Die Bilder haben
bewiesen, dass der Schiedsrichter und die beiden Assistenten direkt in der
Nähe von Podolski gestanden haben. Deshalb war es aus unserer Sicht eine
Tatsachenentscheidung."
Auch im italienischen Team herrschte Zurückhaltung. Lediglich
Mittelfeldspieler Gennaro Gattuso verwies darauf, dass die UEFA Francesco
Totti bei der EM 2004 in Portugal nachträglich anhand des TV-Beweises
gesperrt habe. Der Spielmacher vom AS Rom hatte seinen dänischen
Gegenspieler Christian Poulsen angespuckt. Ein Fernsehsender hatte die
Aufnahmen nach dem Spiel veröffentlicht, Totti wurde für drei Spiele
gesperrt. Es sei außerdem nicht die Art der Italiener einen Spieler einer
anderen Mannschaft anhand von Videobildern bei der UEFA anzuschwärzen. "Das
wäre nicht die Art eines Gentleman - Deswegen machen Italiener so etwas
nicht" sagte Italiens Teamchef Donadoni dazu.
Im Anhang sind die Bilder zu sehen, die das italienische Fernsehen der UEFA
übermittelte und zu Podolskis Spielausschluss führten.
(dpa)
Hier noch die Beweisbilder: