Glaubt man den öffentlichen Verlautbarungen, wird das World Wide Web mit Kinderpornos geradezu überschwemmt. Jemand, der das Internet nicht kennt, könnte glauben, an jeder Ecke bzw. Website über nackte, gequälte und missbrauchte Kinder zu stolpern. Die Familienministerin Ursula von der Leyen will dem jetzt einen Riegel vorschieben. Angeblich. In Wirklichkeit setzt sie statt auf sexuellen auf politischen Kindesmissbrauch – zur Abschaffung des freien Internets.
Glaubt man den öffentlichen Verlautbarungen, wird das Netz mit Kinderpornos ja geradezu überschwemmt. Jemand, der das Internet nicht kennt, könnte glauben, an jeder Ecke bzw. Website über nackte, gequälte und missbrauchte Kinder zu stolpern. Ehrlich gesagt: Ich bin noch nie drüber gestolpert. Aber vielleicht, so dachte ich mir am 17. April 2009, hatte ich ja auch noch nie danach gesucht. An diesem Tag nämlich unterzeichneten einige große Internetprovider einen Vertrag mit dem Bundeskriminalamt über eine sogenannte Sperrliste für kinderpornographische Seiten. In spätestens einem halben Jahr sollen Besucher des »freien« Internets ein Erlebnis der Dritten Art haben. Wählen sie nämlich die »verdächtige« Seite an, landen sie statt auf der Seite auf einem vom Bundeskriminalamt aufgestellten »Stoppschild«.
Na, und? Es geht ja schließlich um Kinderpornographie: »Es wird ganz still im Rund des Bundestages, als Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) mit ihrer Rede beginnt«, berichtete die Süddeutsche Zeitung (Website) über die Begründung dieser Maßnahmen durch die Familienministerin am 26. März 2009 im Bundestag: »Kinder werden vor den Augen ihrer Eltern gefoltert: Stromstöße, Verbrennungen mit heißen Eisen, Säure auf die Haut, Verstümmelungen mit Bohrmaschinen, herausgeschnittene Zungen und Vergewaltigung. Wenn dies nicht böse ist, dann hat das Wort ›böse‹ keine Bedeutung.«
Quatsch: Das war ja Präsident Bushs Kriegsrede zum Einmarsch in den Irak 2003! Jetzt aber: »Ein Mädchen im Grundschulalter, das mit einem Besenstil missbraucht wird. Ein Säugling hängt von der Decke und wird vergewaltigt«, sagte von der Leyen im Bundestag.
Denn auch die Bundesregierung will endlich einmarschieren. Zwar nicht gerade in den Irak, aber in eine strategisch mindestens genauso wichtige Region, wenn nicht eine noch wichtigere. Eine Region, in der Imperien und Regierungen Schlacht um Schlacht verlieren und immer wieder von Blog-Guerillas und Info-Taliban aufgerieben werden: im Internet. Da werfen kritische Geister der offiziellen Propaganda immer wieder Knüppel zwischen die Beine, da wird die offizielle Einheitsmeinung immer wieder Lügen gestraft.
Freilich muss man, bevor man das feindliche Gebiet aufrollen kann, erst einmal einen Fuß in die Tür kriegen. Und was entdeckt man da? Richtig: gequälte Kinder. Ja, das Motiv der gequälten Kinder ist geradezu der Klassiker zur Rechtfertigung aller möglichen totalitären und kriegerischen Maßnahmen. Denn mit den Leiden von Kindern lässt sich nun mal alles mögliche begründen. Seien es die Kriegspläne von George W. Bush, die komplette Entwaffnung der Bevölkerung nach den Schul-»Amokläufen« oder eben andere totalitäre Pläne. Denn merke: Kindesmissbrauch findet nicht nur zur Befriedigung sexueller, sondern auch zur Befriedigung politischer Bedürfnisse statt. Und zwar, weil Kindesmissbrauch und -misshandlung jedermann sprach- und wehrlos machen.
Das war nicht nur schon 2003 so, als George W. Bush seinen Krieg gegen den Irak herbeilog, sondern auch schon 1990, als sein Vater den ersten US-Krieg gegen Saddam Hussein begründen wollte. Damals nahmen irakische Soldaten in Kuweit angeblich Säuglinge aus den Brutkästen und warfen sie auf den Boden, um sie dort sterben zu lassen. Unvergessen, wie eine kuwaitische Zeugin 1990 vor dem Menschenrechtsausschuss des Repräsentantenhauses weinend von den irakischen Greueln berichtete. Vergessen ist dagegen, dass es sich bei dem Mädchen um die Tochter des kuwaitischen Botschafters in den USA und bei den Tränen um Krokodilstränen handelte: Die Sache war von A bis Z gelogen. Die Werbeagentur Hill and Knowlton hatte die Geschichte ausgeknobelt und sogar die Zeugin geschult. Danach fragte im Nachhinein allerdings kaum jemand mehr – außer vielleicht ein paar Stänkerern im Internet.
Das Gedächtnis der Menschheit ist einfach zu schlecht und die Sache mit den gequälten Kindern einfach zu gut, um sie nicht immer und immer wieder zu missbrauchen. Nun darf also auch mal die Familienministerin von der Leyen an das schwere Geschütz und »von der Decke hängende Säuglinge« beklagen, die vergewaltigt werden. Und siehe da: »Wer nicht für sie ist, ist gegen sie«, meinte sogar schon die Süddeutsche Zeitung durch ihren Mund George W. Bush reden zu hören.
Nicht, daß es Kinderpornographie im Internet nicht gibt. Bestimmt gibt es sie wirklich irgendwo. Nein, ich bin sogar sicher, die Familienministerin hat irgendwelche Satelliten- bzw. Pornobilder gebunkert – vielleicht für den Kampf gegen Kinderpornographie, ganz bestimmt aber im Kampf gegen das Internet. Nur haben die Bilder anders als die groben Schemazeichnungen oder nichtssagenden Satellitenbilder der US-Regierung den neben der unentrinnbaren emotionalen Wirkung des Themas weiteren Vorteil, dass man sie nicht vorzeigen muss. Denn das kann ja nun wirklich niemand verlangen. Führten also George W. Bush und sein Vater Kriege mit erlogenen und gefälschten Beweisen, führt die Bundesregierung ihren Krieg gegen das Internet ganz ohne öffentlich vorzeigbare Beweise. Das mag man verstehen oder auch nicht, eine Tatsache bleibt es trotzdem.
Papperlapapp, meint die Süddeutsche Zeitung, das Ganze sei einfach »gut gemeint«. So nach dem Motto: Die gute Mutter Ursula – hat sie mal wieder vor lauter Aufregung aus dem Bauch Politik gemacht. Bekanntlich ist »gut gemeint« aber das Gegenteil von gut. In Wirklichkeit ist die Aktion ein Trojanisches Pferd, um im Internet einen Zensurmechanismus zu schaffen – nicht nur für Kinderpornographie, sondern langfristig auch für andere Inhalte. Und zwar ein Trojanisches Pferd, das jeder streicheln, aber keiner kritisieren darf – dachte sich jedenfalls die Bundesregierung ...
http://info.kopp-verlag.de/news/von-der-leyen-mit-dem-kinderporno-ticket-zur-internetzensur.html
http://www.heise.de/newsticker/Kinderporno-Sperren-Frontalangriff-auf-die-freie-Kommunikation-befuerchtet--/meldung/136485